Klar, das erste Gefühl, wenn man als Autorin eine negative Beurteilung erhält, ist Frust. Wieso wagt es jemand, das von mir geschriebene Werk zu zerreißen. Erkennt man nicht, wie viel Herzblut und Arbeit dahinter steht? Der zweite Impuls ist (Ich weiß, dass das blöd ist), über die Person des Kritikers oder der Kritikerin nachzudenken. Meistens nicht positiv. Sofern ich den- oder diejenige kenne.
Wenn ich mich wieder beruhigt habe (das geht inzwischen tatsächlich schnell), kommt die sachliche Analyse. Kann ich mit dem Inhalt der Kritik etwas anfangen? Stimmt es vielleicht sogar, was zu Papier gebracht wurde? Ist meine Protagonistin zu farblos und der Text zu langatmig? Fehlt der Humor oder bin ich wirklich nur an der Oberfläche geblieben? Ich will nicht verhehlen, dass manche Kritik genau den Punkt trifft, über den ich auch schon nachgedacht habe. Natürlich erst, als das Buch bereits erschienen war. Was die Sache übrigens nicht besser macht.
Das Gute daran ist doch, dass ich an der meisten Kritik wachse. Entweder, weil sie zutrifft und ich mir vornehme, beim nächsten Buch diesbezüglich besser zu werden. Oder, weil ich intensiv über die Anmerkungen nachdenke und für mich zum Ergebnis komme, dass ich es genauso wieder machen würde. Das stärkt mich auch. Abgesehen davon kann man über Geschmack nicht verhandeln.
Schwierig wird es bei den Sternebewertungen ohne Anmerkungen. Nicht, dass wir uns falsch verstehen. Es ist völlig legitim, Sternchen zu verteilen. Mache ich ab und zu auch. Als Autorin weiß ich zwar, dass das Buch nicht gefallen hat, wenn ich einen Stern bekomme. Warum erschließt sich mir leider nicht, von daher kann ich darüber auch nicht länger nachdenken. Okay, wenn ich nur ein-Sterne-Bewertungen bekomme, würde ich mit dem intensiven Nachdenken sofort beginnen.
Im Anwältinnenleben funktioniert es übrigens ähnlich. Abgesehen davon, dass ich naturgemäß in der Regel weiß, wer mich bewertet. Als es mit den Bewertungen losging, waren die meisten meiner Kollegen und Kolleginnen übrigens entsetzt. Anwälte bewerten – das geht doch gar nicht. Viele haben sich bei den Bewertungsportalen nicht angemeldet und sich strikt geweigert, sich mit dem Thema überhaupt auseinanderzusetzen. Aus meiner Sicht keine angemessene Reaktion, weil man daran heutzutage nicht vorbeikommt, wenn man sich im Netz bewegt. Man wird bewertet, ob man will oder nicht. Gut ist es, sich eine angemessene Strategie zu überlegen.
Als Anwältin würde ich mich gegen rufschädigende Bewertungen wehren und versuchen, die löschen zu lassen. Glücklicherweise hat sich diese Problematik bisher nicht gestellt. Im Autorinnenleben würde ich es vermutlich entspannter sehen. Einfach, weil ich im Hauptberuf keine Autorin bin. Behaupte ich jedenfalls jetzt einfach mal. Kann von daher auch gut nachvollziehen, wenn es hauptberufliche Autoren und Autorinnen anders sehen.
Das Allerwichtigste ist aber, dass inhaltliche Kritik notwendig ist. Ohne die Auseinandersetzung gibt es keine Bewegung. Stillstand ist für mich nicht gut. Ich verändere mich stetig, genau wie meine Umwelt. Ich denke, dass ich mich auch beim Schreiben verändert habe. Ich hoffe zum Besseren. Als Anwältin weiß ich definitiv deutlich mehr als vor 29 Jahren. Ich habe aus meinen Fehlern gelernt (Mein Ziel ist es ja nach wie vor, alle nur einmal zu machen), habe eine gute Portion mehr Lebenserfahrung und erfahren, dass die Lösung nicht immer im Gesetz zu finden ist. Als Autorin hinke ich ein paar Jährchen hinterher.
Welche Erfahrungen hast du mit Kritik gemacht? Hat sie dich weitergebracht?
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