Ein Hoch auf unsere Freunde und Freundinnen!
Wir alle werden, statistisch gesehen, immer älter. Gleichzeitig gibt es immer mehr ältere Menschen, man spricht von einer überalterten deutschen Gesellschaft. Die ersten Babyboomer, zu denen ich auch gehöre, gehen in den nächsten Jahren in Rente. Als ich vor über dreißig Jahren anfing als Anwältin zu arbeiten, gab es den Begriff „Seniorenrecht“, als spezielles Arbeitsfeld für Anwälte, nicht. Heute gibt es zu diesem Bereich, der sich unter anderen aus Teilbereichen wie Vorsorgerecht, Heimrecht, Elternunterhalt und Nachlassregelungen zusammensetzt, spezielle Fachliteratur und Fortbildungen. Rechtlich ist somit vieles auf den Weg gebracht worden.
Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Es ist wichtig über Vorsorgevollmachten und Testamente nachzudenken, gegebenenfalls rechtlichen Rat einzuholen. Genauso wichtig ist es aber auch, sich selbst Gedanken über die eigenen tatsächlichen Lebensumstände in der Zukunft zu machen. Anders ausgedrückt: Wie will ich im Alter leben?
Wenn ich mit Mandanten oder Mandantinnen darüber rede, wer sich um sie kümmern soll, wenn sie es selbst nicht mehr können, höre ich immer öfter: „Ich habe doch niemanden.“ Da fängt das Problem schon an. Wenn ich niemanden habe, dem ich so vertraue, dass ich ihm eine Vorsorgevollmacht einräumen könnte (Vorsorgevollmacht bedeutet, dass jemand bevollmächtigt wird mich zu vertreten, wenn ich es selbst nicht mehr kann.), bin ich im Falle des Falles darauf angewiesen, dass das Gericht einen Betreuer oder eine Betreuerin für mich bestellt. Und ehrlich: Die wenigsten Menschen sterben aus heiterem Himmel mit über neunzig im Bett. Meistens ist man vorher gesundheitlich eingeschränkt, viele Menschen können irgendwann ihre eigenen Dinge nicht mehr alle allein regeln, sind darauf angewiesen, dass sich ein Bevollmächtigter oder ein Betreuer kümmert.
Für mich ist das größte Hindernis auf dem Weg zu einem entspannten Alter das aufgezwungene Alleinsein. Dass ohne Freunde sein. Entweder weil man, wie ich es oft von Menschen höre, die beruflich sehr engagiert waren, bis zum Rentenbeginn keine Zeit für Freundschaften hatte oder, weil man alte Freundschaften nicht gepflegt hat. Dann gibt es noch diejenigen, die sich nicht trauen neue Freundschaften einzugehen, weil sie enttäuscht worden sind oder – was mich tatsächlich in einer Besprechung für kurze Zeit sprachlos hat werden lassen – weil es sich im fortgeschrittenen Alter nicht mehr lohne, neue Menschen kennenzulernen.
Aber ich habe doch Kinder, höre ich oft. Ja, Kinder unterstützen ihre Eltern, wenn das Verhältnis gut ist. Aber ersetzen Kinder Freunde im Alter? Ich glaube nicht. Und mein Partner oder meine Partnerin? Selbstverständlich ist man in einer liebevollen Beziehung füreinander da, in guten wie in schlechten Zeiten, wie es so schön heißt. Häufig sind aber Ehepartner oder Lebenspartner etwa in demselben Alter. Das heißt, dass man sich gegenseitig gar nicht mehr so unterstützen kann, wie man es gern möchte. Oder einer verstirbt und der andere ist plötzlich auf sich selbst gestellt.
So geht es Paulina aus meinem Sylt-Roman „Winterkapriolen“. Nach dem Tod ihres Mannes bleibt die über Achtzigjährige allein in einem großen Haus zurück. Allein? Eben nicht. Sie hat Freunde, die sich kümmern. Übrigens: Freunde müssen wirklich nicht alle im gleichen Alter sein, man darf durchaus Freundinnen haben, die zwanzig Jahre jünger sind. Oder älter.
Ich wünsche mir, dass wir auch im fortgeschrittenen Alter noch offen bleiben für Neues, für andere Menschen. Offen für Begegnungen und Freundschaften. Dass wir uns zusammentun, vielleicht Alten-WGs gründen und unser Leben im Alter selbst in die Hand nehmen. Leserinnen meiner Bücher schreiben mir, dass sie sich Freundinnen wie Marlene aus „Konfetti im Winter“ wünschen. Dass ich eine Idylle beschreiben würde, die es im wirklichen Leben nicht gibt. Ich bin anderer Meinung: Man kann einiges für sich auf die Beine stellen, wenn man es will und nicht abwartet, bis es zu spät. Niemand kann uns die Verantwortung für uns selbst abnehmen, da müssen wir schon selbst ran.
Annemone Gerstner meint
Liebe Katharina,
Wir haben uns dieses Jahr in Leipzig auf der Buchmesse kennengelernt. Ich kannte , das muss ich zu meiner Schande gestehen, dich vorher nicht. Mit einem tollen Gespräch und deiner Empfehlung, Konfetti im Winter, durfte ich dich entdecken.
Und…..
Ich bin begeistert, denn in dieser Geschichte sehe ich so sehr wieder. Auch ich bin mit 49 Jahren Witwe geworden, der Boden war von jetzt auf gleich weg. Also vieles von Zoey sehe ich in mir wieder.
Du hast es wunderbar verfasst und beschrieben, wie schwer es ist sich wieder ins Leben zu finden, sich neu zu verlieben.
Ich danke dir von ganzem Herzen und freu mich auf deine nächsten Geschichten.
Liebe Grüße
Annemone
Katharina Mosel meint
Liebe Annemone,
danke für deine lieben Worte und wie schön, dass dir „Konfetti im Winter“ gefallen hat.
Vielleicht treffen wir uns ja nächstes Jahr wieder in Leipzig auf der Messe?
Liebe Grüße
Katharina