In meinem Roman „Sommergolf“ arbeitet Tine als Strafverteidigerin. Bei diesem Satz stocke ich, weil es besser heißen sollte: Sie ist Strafverteidigerin. Für mich wäre das ein Stück weit eine Berufung, genauso wie es für Tine eine ist. Nicht, dass wir uns missverstehen. Ich bin keine Strafverteidigerin. Ich bin Anwältin für Erb- und Familienrecht. Strafverteidigerin in der Familie war meine Mutter, die oftmals gesagt hat, dass die Emotionen im Familienrecht genauso hochkochen können, wie im Strafrecht. Das ist sicher richtig, insofern bin ich der Familiengeschichte ein Stück weit treu geblieben.
Eine Strafverteidigerin ist meistens eine Anwältin, die der oder dem Beschuldigten in einem Strafverfahren zur Seite steht. Einfach ausgedrückt: Tine kümmert sich in „Sommergolf“ darum, dass die Rechte ihrer Mandantin gewahrt werden.
In der Strafprozessordnung spricht man von „Verteidiger“, daraus erklärt sich der Begriff. Als Strafverteidigerin ist man unabhängig und damit nicht an Weisungen von Gericht und Staatsanwaltschaft gebunden. Man ist ein Stück weit auch Fürsprecherin der Mandanten. Sehr häufig hört man als Verteidigerin den Satz „Wie können Sie so jemanden verteidigen? Denken Sie auch mal an die Opfer?“ Sicher denkt auch eine Verteidigerin an die Opfer. Es ist aber ihr Beruf „so jemanden“ zu verteidigen. Das heißt nicht, dass man sich als Verteidigerin mit dem Täter oder der Täterin identifiziert. Jeder hat in diesem Land das Recht auf einen fairen Prozess. Entgegen der landläufigen Meinung geht es auch nicht zwangsläufig darum, dass alle Angeklagten freigesprochen werden müssen. Wenn jemand zu Recht verurteilt wird und Strafe verdient, muss diese aber angemessen sein.
Jeder von uns kann in die Lage kommen, eine Strafverteidigerin zu benötigen. Meine Mutter hat sehr viele Menschen verteidigt, die nie im Leben damit gerechnet haben, zum Mörder oder Totschläger zu werden. Viele führten bis zur Tat ein sogenanntes „ordentliches“ Leben und sind danach nie wieder strafrechtlich in Erscheinung getreten. Es reicht, in eine scheinbar ausweglose Situation zu kommen oder psychisch sehr schwer zu erkranken. Das sollte man nicht vergessen.
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