In meinen Träumen führe ich ja ein ganz anderes Leben: Ich lebe ein paar Monate im Jahr in einem kleinen Häuschen an der Nordsee und schreibe dort sehr entspannt jedes Jahr ein Buch. Mindestens. Ins Büro gehe ich maximal dreimal pro Woche (wenn ich nicht an der Nordsee weile) und nehme nur ausgesuchte Fälle an. Ich gehe mindestens einmal die Woche zum Golf spielen und zweimal die Woche kommt mein Personal Trainer, der mich zu den Fitnessübungen motiviert, die ich freiwillig nicht absolviere. Außerdem verbringe ich viel Zeit in Buchhandlungen, um mich ausgiebig über Neuerscheinungen zu informieren. Und ich sage deutlich „nein“, wenn ich eine Aufgabe nicht übernehmen will. Noch Fragen?
Ein kurzer Blick in die Realität: Ich gehe normalerweise fünfmal in der Woche ins Büro (jetzt bin ich einmal die Woche im Homeoffice), fahre ab und zu im Urlaub an die Nordsee und über die Fitnessübungen möchte ich hier nicht mehr sprechen.
Trotzdem hat sich in den letzten Jahren bei mir so einiges verändert. Ich habe angefangen zu schreiben, veröffentliche Bücher und arbeite tatsächlich weniger als früher. Ein Anfang ist also getan.
Bei mir beginnt Veränderung im Kopf. Ich stelle mir ein bestimmtes Szenario vor und versuche mir das, so oft wie möglich, wieder in das Gehirn zu rufen. Irgendwann fängt mein Unterbewusstsein an, meine Wünsche zu akzeptieren. Und ich beginne mit kleinen Schritten und beobachte mich und meine Fortschritte dabei sorgfältig.
Ja, auch ich muss meinen inneren Schweinehund überwinden. Ich musste es zum Beispiel aushalten, dass es ab und zu Mandant:innen gibt, die meckern, wenn ich mich nicht innerhalb von 24 Stunden melde. Ich darf verraten, dass diese Zahl verschwindend gering ist. Ja, man kann auch mal an einem Brückentag das Büro schließen, ohne dass die Welt untergeht, bzw. man sofort verarmt. Klingt logisch, hätte ich mich vor zehn Jahren aber noch nicht getraut. Okay, ist vielleicht ein Vorteil des Älterwerdens, obwohl ich dieses Verhalten inzwischen auch bei deutlich jüngeren Kolleg:innen beobachte. Ich muss außerdem damit fertig werden, dass es diverse Menschen gibt, die mit meinen Romanen nichts anfangen können und der Meinung sind, ich sollte lieber Golf spielen als Schreiben. Bei den Golfspielerinnen wiederum gibt die eine oder andere, die denkt, dass ich diesen Sport aufgrund mangelnder Fähigkeiten besser nicht ausüben sollte. So what? Hauptsache es macht mir Freude und ich fühle mich wohl.
Das „Sich-Verändern“ ist auch harte Arbeit. Nach innen und nach außen. Schließlich wollen die Texte geschrieben werden. Von den Marketingaktivitäten ganz zu schweigen. Das Golfspiel erlernt man auch nicht über Nacht und über die Fitnessübungen schreibe ich immer noch nichts hier.
Trotzdem hat es sich für mich gelohnt. Genauso wie für Tine, die Strafverteidigerin in meinem Roman „Sommergolf“.
Anna meint
Hab noch nichts von Ihnen gelesen…aber ich finde wahre Worte…man muss das Tun können was man auch wirklich liebt/ golf spielen…Bücher schreiben..Träume verwirklichen..lg
Katharina Mosel meint
Danke schön. Zumindest muss man versuchen das zu tun, was man wirklich liebt. Und jeder noch so kleine Schritt zählt.