Letzte Woche traf ich auf der Straße vor meinem Büro einen Nachbarn. Er ist Inhaber eines kleinen Ladengeschäfts in der Nähe. Wir unterhielten uns, natürlich in gebührendem Abstand, über die derzeitige Situation. Sein Laden war geschlossen. Er ging davon aus, dass auch bei uns im Anwaltsbüro nicht mehr gearbeitet werden würde. Sein Erstaunen war groß, als ich ihm erzählte, dass wir nicht schließen dürfen. Wir benötigen, wenn wir eine Woche der Anwaltstätigkeit nicht nachgehen können, einen Vertreter.
Bereits am 13. März beschrieb der Geschäftsführer unserer aufsichtsführenden Rechtsanwaltskammer in einem Gastbeitrag detailliert, woran Rechtsanwälte in der Krise denken müssen. Das reicht von einer Vertretungsregelung, dem Zugriff auf die Anwaltssoftware von außen, der Regelung, wer die Post abholt, wenn man selbst nicht in der Lage dazu ist, die Gewährleistung einer gesicherten Kommunikation, die die Einhaltung der anwaltlichen Verschwiegenheit sicherstellt bis hin zum jederzeitigen Zugriff auf das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) und vielem mehr. Es wurde darauf hingewiesen, dass man berufsrechtliche Konsequenzen zu befürchten hat, wenn man sich nicht entsprechend vorbereitet. Von der Haftung ganz zu schweigen. So weit, so richtig.
Mit anderen Worten: So lange man nicht tot unter dem Schreibtisch liegt, muss alles bis ins Kleinste laufen.
Das Erste, was nicht lief, war übrigens das beA, das mehrere Tage gestört war. Faxen war, jedenfalls zum Amts- und Landgericht Köln, ein Problem. Die Schreiben gingen nicht durch. Telefonisch jemand zu erreichen, gleicht nach wie vor einem Glücksspiel. Aus guten Gründen wurde die Poststelle des Gerichts in Köln geschlossen, man muss inzwischen die Post oder den Außenbriefkasten am Gebäude nutzen. Wir selbst erhalten nahezu keine Post mehr von unserem Heimatgericht. Ich mag mir derzeit nicht ausmalen, was sich da gerade alles aufstaut.
Unser Büro arbeitet glücklicherweise schon länger mit der elektronischen Akte und auch mit beA (wenn es denn funktioniert). So weit, so gut. Eine kleine Herausforderung war es, die notwendigen Systeme auf den Laptops zu installieren, bzw. dort zu aktivieren. Die Challenge war, unseren ITler, der sich naturgemäß im Dauerstress befindet (schließlich sind wir nicht die einzigen Kunden), zu erreichen. Das gelang irgendwann und nach einigen Tests und vielem Hin und Her, läuft es inzwischen.
Meine Kollegin und ich teilen uns die Arbeitswoche zwischen Kanzlei und Zuhause auf, wir begegnen uns nicht mehr persönlich. Eine Mitarbeiterin kommt an einem Tag in der Woche ins Büro und arbeitet dort alleine, die andere erscheint an den restlichen Tagen.
Beratungen absolvieren wir derzeit nur telefonisch oder per Videokonferenz. Das klappt überraschend gut. Wir haben auch durchaus zu tun: Testamentsberatungen und Erbauseinandersetzungen finden trotz Corona statt. Scheidungsanträge können gestellt werden. Außerdem gibt es Beratungsbedarf im Hinblick auf den Unterhalt. Sei es im sogenannten Elternunterhalt, sei es, weil Mandanten aufgrund von Kurzarbeit oder Verlust des Arbeitsplatzes den Unterhaltsverpflichtungen nicht mehr nachkommen können.
Ich persönlich habe übrigens noch keinen Vorteil des Homeoffice für mich entdeckt. Die VPN-Verbindung ist langsam, der Stuhl ist unbequem (jedenfalls, wenn man den ganzen Tag darauf sitzt) und mein Schreibtisch hier zu klein. Abgesehen davon war ich nie ein Fan davon, Arbeit mit nach Hause zu nehmen. Es stapeln sich nun ein paar Fachbücher auf dem Boden, dicht neben einem kleinen Aktenberg. Trotz elektronischer Akte muss ich nämlich komplizierte Vorgänge in Papierform lesen.
Na ja, einen winzigen Vorteil gibt es vielleicht doch. Wie schon während der Examenszeiten bin ich ausgesprochen gut darin, zunächst vermeintlich wichtige Dinge zu Hause zu erledigen, bevor ich mich in die juristische Arbeit stürze. Der Haushalt ist also bestens in Schuss. Trotzdem muss man nicht gleich am ersten Tag im Homeoffice die Fenster putzen.
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