Vor einiger Zeit habe ich eine Mandantin wegen ihrer Probleme innerhalb einer Erbengemeinschaft beraten. Die Frau ist zusammen mit ihrer jüngeren Schwester Eigentümerin einer Immobilie. Anlass dafür, dass sie mich kontaktiert hatte war, dass sie sich ungerecht behandelt fühlte. Keine Überraschung: In der Regel kommen die Menschen zu einer Anwältin, die mit irgendetwas ein Problem haben. Vorsorgende Beratung gibt es auch, meiner Erfahrung nach wird dafür aber unwilliger Geld investiert. Derjenige, der ein Testament errichtet, will oftmals kein Geld für Beratung ausgeben. Oft getreu dem Motto: „nach mir die Sinnflut“. Da werden Testamente geschrieben, über deren Auslegung sich nach dem Tod mehrere Volljuristen jahrelang streiten können. Aus meiner Sicht nicht erstrebenswert, tatsächlich bereiten diese Auseinandersetzungen nämlich auch der Anwältin keinen Spaß.
Zurück zum Fall: Die Mandantin berichtete, dass die Schwester im Haus lebt und eine deutlich zu niedrige Miete zahlt. Die Frage, ob es eine entsprechende Vereinbarung zwischen den Geschwistern über die Nutzung des Hauses und die Höhe der Miete gebe, verneinte sie. Die Schwester sei einfach eingezogen. Tatsächlich auch etwas, was in der Praxis häufig vorkommt. Ein Kind zieht in das ehemalige Elternhaus ein und weigert sich, am Verkauf der Immobilie mitzuwirken. Oft mit dem Argument, dass die verstorbenen Eltern das Haus niemals verkauft hätten. Ist schon klar, dass das den anderen Geschwistern nicht gefällt.
Natürlich gibt es rechtliche Möglichkeiten, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Kann man sich in einer Erbengemeinschaft nicht darüber einigen, ob eine Immobilie verkauft werden soll oder nicht, kann man einen Antrag auf Teilungsversteigerung stellen. Ein Schritt, den man sich reiflich überlegen muss. Zwangsversteigerung eines Hauses führt die Geschwister sicherlich nicht wieder zusammen.
Von meiner Mandantin wollte ich wissen, was ihr am liebsten wäre. Es dauerte einen Moment, bis sie mir antwortete. Sie sagte, dass ihr die derzeitige Situation Magenkrämpfe verursachen würde. Das Geld aus dem Hausverkauf könnte sie gebrauchen, um endlich ihre eigenen Wünsche zu erfüllen. Ihre Schwester würde sie ausnutzen, sich sozusagen die Rosinen aus dem Kuchen suchen. Darauf angesprochen, ob sie mit dem Ist-Zustand leben könnte, wenn es nicht zu einer Einigung käme, schwieg sie lange. Das geschwisterliche Miteinander sei ihr sehr wichtig. Klar, das verstehe ich gut. Die von mir vorgeschlagene Mediation lehnt die jüngere Schwester ab. Aus ihrer Sicht gibt es keinen Grund dafür.
Bis jetzt hat sich ihre jüngere Schwester in der Vergangenheit immer durchgesetzt. Die wäre sicherlich erstaunt, wenn ihr das erste Mal von Seiten der älteren Schwester Kontra gegeben werden würde. Das Gespräch endete damit, dass die Mandantin nachdenken wollte. Darüber, ob sie stillschweigend weiter macht oder, ob sie der Schwester das erste Mal Grenzen aufzeigt. Letztlich mit der Konsequenz, dass es zum Streit kommt. Eine schwierige Situation, die sich für meine Mandantin aber besser anfühlen wird, wenn sie sich unter Abwägung aller Optionen für einen Weg entscheidet.
Margarete Olligschläger meint
Verstehen kann ich ihre Mandantin, dennoch würde ich mich endlich mal durchsetzen. Es sollte nicht sein, dass die jüngere Schwester immer ihren Willen bekommt. Selber bin ich die älteste von 3 Geschwistern, an Durchsetzungsvermögen mangelt es mir absolut nicht; aber ich suche bei Schwierigkeiten immer den Kompromiss. Das hat sich unser ganzes Leben lang bewährt.
Katharina Mosel meint
Kompromisse zu suchen ist häufig die beste Idee.