Eines der interessanten Dinge am Anwaltsberuf ist, dass man immer wieder mit Menschen zu tun hat, die man vorher nicht kannte. Das macht den Beruf so abwechslungsreif und spannend. Natürlich bedeutet das auch, dass man sich nahezu täglich auf neue Persönlichkeiten einstellen muss, genauso wie auf deren aktuelle Probleme und Befindlichkeiten. Es gibt potentielle Mandanten, da weiß ich schon nach kurzer Zeit, dass eine Zusammenarbeit gut gelingen wird, bei manchen wird es nicht so einfach und manchmal passt es auch gar nicht. Muss es auch nicht immer, es gibt genügend Anwälte und somit ausreichend Möglichkeiten einen Kollegen zu finden, der mit Mensch und Mandat besser zurecht kommt, als ich es vielleicht vermag.
Schwieriger wird es, wenn auf der anderen Seite des Mandats ein Kollege agiert, mit dem ich so gar nicht kann. Sei es, weil jeder einzelne Brief nur so von Aggressionen trieft, sei es, weil kein Interesse an einer außergerichtlichen Lösung besteht und der Fall unbedingt zu Gericht getragen werden soll. Manchmal ertappe ich mich schon dabei, einen Auftrag ablehnen zu wollen, weil auf der Gegenseite ein Kollege beauftragt wurde, mit dem ich wiederholt schlechte Erfahrungen gemacht habe. Nicht, dass Sie mich jetzt falsch verstehen: Die juristische Auseinandersetzung ist ein notweniger Bestandteil des Berufs und gehört dazu. Natürlich gibt es unterschiedliche Ansichten zu diversen Punkten, die sollen und müssen diskutiert und ausgetragen werden. Es macht aber gerade in den Bereichen des Erb- und Familienrechts meiner Erfahrung nach besonders Sinn, eine Lösung zu finden, mit der alle Beteiligten leben können. Diese Ansicht teilen leider nicht alle Kollegen. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit Eheleuten in der Kanzlei einer Anwältin, die das Gespräch mit den Worten eröffnete, dass sie niemals Vergleiche abschließen würde, das sei ihr zu haftungsträchtig. Ein andere Kollege drohte in einer sich länger hinziehenden Sorgerechtssache in jedem zweiten Schriftsatz mit der Einschaltung der Staatsanwaltschaft, wenn ihm irgendetwas nicht passte. Tatsächlich hat er hinterher sogar mich beschuldigt, falsch abgerechnet zu haben und wollte mich dafür anzeigen.
Das sind aber glücklicherweise nur Ausnahmen, die die Regel bestätigen. Im täglichen Arbeitsleben komme ich mit vielen Anwaltskollegen zusammen, die ich schätze. Für mich ist es wichtig, Kollegen zu kennen, die ich empfehlen kann. Das sind auch nicht immer nur Anwälte aus anderen Fachbereichen. Wie häufig kommt es vor, dass ich aus Zeitgründen eine Sache nicht selbst machen kann. In so einem Fall bin ich froh, wenn ich dem bei uns Anfragenden jemanden empfehlen kann, von dem ich weiß, dass er die Sache in meinem Sinne erledigen wird. Es geht nichts über gute Netzwerke, auch im Anwaltsleben.
Karla aus „Paragrafen und Prosecco“ hat ihre ganz eigene Meinung zu Anwaltskollegen. Welche das ist, können Sie nur herausfinden, wenn Sie meinen Newsletter abonnieren. https://katharina-mosel.de/newsletter/
Und dann gab es am Anfang meiner Anwaltskarriere noch den Kollegen, der mir auf dem Flur hinterherbrüllte, dass es ein Unglück sei, dass man jemals Frauen zur Anwaltschaft zugelassen habe. Das betrachte ich heute noch als Kompliment.
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